Psychosoziale Räume des Eigensinns
In ihren multimedialen Arbeiten kreiert Kathrin Jobczyk (*1990) ästhetische Anordnungen, die das Verhältnis zwischen menschlichem Körper, physischem Raum und sozialem Umfeld ausloten und dabei auf eindrückliche Weise innerpsychische Prozesse, Beziehungsmuster und Identitätskonzepte hinterfragen. So thematisiert Jobczyk Grundfragen des Zwischenmenschlichen in ihren Objekten, Rauminstallationen, Performances, Videoarbeiten sowie Zeichnungen.
Hierbei überlagern sich unterschiedliche thematische Aspekte wie auch ästhetische Darbringungsweisen zu dichten Werken: So projiziert sie beispielsweise Videoaufnahmen über Objektensemble und sich bewegende Körper zu Soundspuren in den Raum, die sich zu einer Art Raumzeichnung verbinden. Poetische Reflektionen gehen dabei mit skulpturalen Großobjekten und performativ geprägten Filmaufnahmen eine flüchtige Liaison ein.
Zudem konstituieren aktive Handlungen der Rezipient*innen Kathrin Jobczyks Arbeiten teilweise erst im körperlichen Nachvollzug. So visualisieren die großen Schaumstoffobjekte ihres Werkzyklus’ „Prototypen psychischer Prothesen“ (2019) das Zusammenspiel von psychischer Verfasstheit, individuellen Bedürfnissen nach Nähe und Distanz sowie sozialen Gepflogenheiten – beispielsweise in Form eines „Flexiblen Abstandshalters“ (2019), den sich Ausstellungsbesucher*innen umschnallen können. Bereits vor Ausbruch der SARS-CoV-2-Pandemie entstanden, kann diese Arbeit nicht zuletzt auch als ästhetischer Kommentar zur aktuellen Neupositionierung des sozialen Miteinanders im körperlich-emotionalen Kontakt verstanden – und physisch erfahren – werden.
Text: Julia Katharina Thiemann